Vogelbestimmung – Welcher Vogel macht fiepende Geräusche in der Nacht?

Waldohreule im Tagesversteck
Glückliche Beobachtung: Erwachsene Waldohreule im Tagesversteck, häufiger hört man das Fiepen der Jungvögel. (© Angelika Meister)

Es ist ein lauer Frühsommerabend im Juni, wer jetzt noch spät abends unterwegs ist, hört vielleicht manchmal hohe durchdringende Geräusche aus einem Garten, vom Waldrand oder in einem Feldgehölz. Es klingt ein bisschen wie ein lang gedehntes „miep“. Das hohe Fiepen hört gar nicht mehr auf und kann, vielleicht mit kurzen Unterbrechungen, die ganze Nacht andauern. Wer einen Vogel vermutet, liegt hier oft richtig – junge Waldohreulen sind nicht selten die Verursacher dieser merkwürdigen Rufe.

Die meisten Vögel sind tag- oder höchstens dämmerungsaktiv. Nächtliche Lautäußerungen können von einigen Singvögeln kommen (nicht nur Nachtigallen singen nachts), aber auch Rallen, Ziegenmelker, Kuckucke und andere kann man auch nachts hören. Am bekanntesten sind aber natürlich Eulen – heimische Arten kennzeichnen sich aber oft durch eher niederfrequente Gesänge: das „Schu-hu-hu-hu“ des Waldkauzes, die „Guhk-Rufe“ des Steinkauzes oder die ein- bis zweisilbigen „Hu-Rufe“ von Waldohreule und Uhu passen aber nicht zum Gehörten. Als Ausnahme erscheinen in NRW auch ganz selten die sonst vor allem im Mittelmeerraum beheimateten Zwergohreulen – als einzige echte Langstreckenzieher unter den mitteleuropäischen Eulen erreichen sie ihre Brutgebiete oft erst im Mai. Haben die Vögel im Siedlungsraum ein Revier bezogen, sind Anwohner*innen oft die ersten, die den Gesang hören und vielleicht erstmal für eine Alarmanlage halten.

Wir haben dabei aber bisher übersehen bzw. überhört, dass bei Vögeln nicht nur Altvögel Lautäußerungen von sich geben, sondern natürlich auch die Jungvögel. Viele Bettelrufe sind eher hochfrequent und durchdringend. Dadurch sind sie übrigens für mögliche Prädatoren und auch für das menschliche Gehör oft nur schwer zu lokalisieren. Daneben haben manche Arten auch fauchende Bettelrufe, bei Schleiereulen klingt auch der Gesang unheimlich und hat wenig Ähnlichkeit mit den Gesängen der anderen Eulenarten. Das erwähnte Fiepen kommt aber tatsächlich von Jungvögeln und wie oben schon verraten, nicht selten von denen der Waldohreule.

Waldohreule im Tagesversteck
Ästling der Waldohreule (© Angelika Meister)

Eine Vielzahl an Beispielen für die Bettelrufe junger Waldohreulen finden sich beispielsweise auf xeno-canto.org. Oft haben dann die bettelnden Waldohreulen bereits das Nest verlassen. Bei Eulen gibt es ein sogenanntes Ästlingsstadium. Die Jungvögel sind immer noch im Daunenkleid, klettern aber bereits im Baum umher, werden aber natürlich noch von den Eltern versorgt. Anders als der Name andeutet, kommen Waldohreulen kaum inmitten geschlossener Wälder vor. Häufiger sind Waldränder, Feldgehölze, aber auch Gärten in kleinen Dörfern. Sie benötigen jedoch geeignete Offenlandbereiche in der Nähe, in denen die Vögel auf Mäusejagd gehen können. Selbst Stadtparks werden teilweise besiedelt. Auch wenn anhaltende laute Rufe vor dem Fenster auch mal nerven können, die laute Bettelphase dauert meist nicht allzu lange und das faszinierende Spektakel ist spätestens nach wenigen Wochen vorbei. Waldohreulen bauen keine eigenen Nester, sondern brüten bevorzugt in verlassenen Nestern anderer Vögel – besonders häufig werden dabei übrigens die Nester von Krähen und Elstern angenommen. Waldohreulen sind streng geschützt und in NRW zwar verbreitet, aber nirgendwo wirklich häufig. Wer selbst junge Waldohreulen hört, ist eingeladen, die Beobachtung auf ornitho.de zu melden (am besten mit einer Handy-Tonaufnahme als Beleg).

 

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